3. Etappe: Bad Tölz – Tutzinger Hütte

Benediktenwand hinter der Tutzinger Hütte

Wir stehen heute morgen 7.45 Uhr auf, wollen spätestens 9.00 Uhr loslaufen. Endlich geht es in die Alpen. Vorher noch Frühstück und einige letzte Besorgungen in Bad Tölz. Vor dem Balkon unserer Ferienwohnung rauscht der Verkehr vorbei. Die Sonne hat unsere nassen Wanderschuhe fast vollständig getrocknet. Jetzt schnell alles zusammenpacken und los. Unsere Gastgeberin hat noch zwei Hanutas bereitgelegt, die wir als Notration einpacken. Doch eigentlich haben wir noch viel zu viel Notration dabei. Seit München schleppen wir mehrere Packungen Trockenfrüchte und Nüsse mit uns herum – alles ungeöffnet. Wir verabschieden uns von Irmgard und machen uns auf die Socken. Es ist 9.15 Uhr als wir direkt hinter dem Haus die Fußgängerbrücke queren, um auf die Stadtseite zu gelangen.

Nach kurzem Fußmarsch geht es für einen Abstecher in die Drogerie und zum Bäcker. 9.45 Uhr stehen wir noch einmal am Busbahnhof, um uns mit Sonnenspray einzudieseln. Dann laufen wir – ich mit dem Zeitmanagement etwas unzufrieden, Sebastian mit der Last seines Rucksacks und den Kopfhörern, die nicht funktionieren wollen. Die Stimmung ist nicht sonderlich gut. Aber es geht weiter, immer weiter – in der Ebene.

Den Isarweg müssen wir uns heute mit allerhand Radfahrern (vor allem E-Bikern) teilen. Viele von ihnen scheinen keine Klingel zu haben, rauschen teils nur wenige Zentimeter neben uns vorbei, sodass wir immer wieder erschrocken ausweichen. Die Sonne prasselt wieder auf uns nieder. Gegen 12.00 Uhr erreichen wir Arzbach und damit die Stelle, an der wir uns von der Isar verabschieden müssen – zumindest vorerst.

Der Benediktenwand entgegen

Jetzt geht es direkt der Benediktenwand entgegen durch den Ort Arzbach, vorbei an Bauernhöfen, über Weiden und schließlich das erste Mal bergauf. Es fühlt sich ungewohnt an, aber gut. Mein Bein shmerzt nicht mehr, dafür läuft der Schweiß. 14.30 Uhr machen wir Rast auf einer Bank nachdem wir unsere ersten Anstiege geschafft haben. Vor uns liegt eine Wiese mit frisch gemähten Gras, die ein Landwirt noch ganz traditionell mit einem Heuwender von Hand bearbeitet. Es wir ruhiger hier oben. Kein Mensch kommt uns mehr entgegen oder geht an uns vorbei.

Wir passieren die ersten Almen auf dem Weg nach oben. Der Gang über eine Weide wird zum Erlebnis im Moor. Der Boden ist so aufgeweicht, dass wir immer wieder einsinken, unsere Bergschuhe drohen erneut einzuweichen. Doch diesmal klappt das Grasbüschel-Hopping besser. Die Füße bleiben trocken. Nach der Tiefentalalm folgt jetzt ein sehr mühevoller steiler Aufstieg auf den ersten Sattel.

Hoch geht‘s auf den Sattel

Doch es ist wunderbar Füße und Beine endlich anders zu bewegen als in den vergangenen Tagen. Ein Pärchen mit Hund grüßt uns: „Ihr seid die Ersten, die wir heute auf diesem Wanderpfad treffen.“ Der Hund ist sichtlich interessiert. Auf der Tutzinger Hütte werden wir ihn wiedersehen. Oben angekommen geht es nur noch einmal kurz abwärts bis wir unser heutiges Etappenziel erreichen.

Haus der offenen Türen

16.30 Uhr sind wir da. Die Tutzinger Hütte liegt am Fuße der Benediktenwand, eine schroffe Felswand, die steil in die Höhe ragt. Dort wird es morgen hinaufgehen. Doch zuerst heißt es Zimmer beziehen. Wir haben das einzige Doppelzimmer der Hütte, im internen Hütten-Slang auch „Honeymoon-Suite“ bezeichnet. Schnell wollen wir einchecken und unsere Rucksäcke abwerfen. Doch hier oben ticken die Uhren anders. Ganz entspannt erklärt uns der Hüttenwirt, wo wir Schuhe und Stöcke abstellen sollen, dass es Frühstück zwischen 7 und 9 gibt, die Halbpension aufgrund von Corona aber entfällt. Dann geht es nach oben. Zwei karge Matratzen erwarten uns.

Wir laden alles ab, packen unsere Schlafsäcke aus und suchen eine Steckdose – vergebens. Hier gibt es keine Steckdosen. Also gut, dann fragen wir unten beim Essen nach. Doch als wir das Zimmer abschließen wollen, merken wir, dass wir auch keinen Schlüssel bekommen haben. Auf Nachfrage heißt es vom Hüttenwirt, dass sie keine Schlüssel ausgeben. Der Durchlauf sei zu groß, immer wieder würden Wanderer vergessen, ihre Schlüssel abzugeben. So ist die Hütte ein Haus der offenen Türen. Ein Umstand, an den wir uns erst noch gewöhnen müssen, aber auf allen Hütten Alltag ist.

Ruhe der Berge

Strom gibt es an der Theke gegen eine kleine Spende für die Bergwacht. Hier hoch führt keine reguläre Stromanbindung. Der Strom wird selbst produziert. Nachdem diese Dinge geklärt sind, geht es endlich auf die Sonnenterrasse für Radler und Käsespätzle. Wir genießen die Ruhe und den Umstand, endlich mal vor 18.00 Uhr da zu sein. Bis wir allerdings so richtig in den Bergen und auf dem Traumpfad ankommen werden, sollten noch einige Tage vergehen.

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